Mittwoch, 19. Juni 2013

Wakhan Tal

Mittwoch 12. Juni – Montag, 17. Juni

Das Wakhan Tal ist sowohl von der Landschaft, als auch von der Bevölkerung sehr unterschiedlich. Es erscheint sehr grün und dank den vielen Baum-Alleen und dem heissen Klima haben wir das Gefühl am Meer angekommen zu sein. Tatsächlich liegt es aber noch auf 3000m. Im hohen Pamir oben leben noch viele Kirgisen, hier im Wakhan Tal sind es aber nur noch ismailitische Tadjiken, oder Pamiri, wie sie sich nennen. Sie haben ihre eigene Sprache und reden teilweise sogar von Dorf zu Dorf unterschiedlich.

Trau den Kanadiern nicht!
Schon am ersten Tag im Wakhan Tal unten stellen wir fest, dass die Kanadier uns wirklich etwas zweifelhafte Informationen gegeben hatten. Uns begrüsst der gleiche, starke Wind, den wir schon oben zwischen Murgab und Alichur hatten. Wir mutmassten, dass Fahrradfahrer, die uns entgegenkommen den Wind nicht bemerken, weil sie ihn im Rücken haben??
Auch die Strasse..... ging einfach gleich schlecht weiter wie bisher. Dank dem Umstand, dass das Wakhan Tal sehr bevölkert ist, fiel uns das Radeln aber etwas leichter und es war abwechslungsreicher. Die Bewohner vom Tal hatten viel Freude an uns und bewiesen Gastfreundschaft. Täglich riefen sie uns zu: "Choy, choy!!" – wir waren zum Teetrinken eingeladen...
 Ausblick in den Afghanischen Wakhan-Korridor
 Ein anderer schöner Ausblick aufs andere Land. Auch hier folgen wir einem Grenzfluss.
 Oft werden wir unterwegs aufgefortert ein Foto zu machen. Wie zum Beispiel von diesen zwei Tadjikinnen...
 ...oder diesem Vodka-liebenden Hirten...
 In Yamchun sind wir zum Tee, Znacht und Übernachtung eingeladen...
 Die fröhliche Gastgeberfamilie.
 Typische Deckenkonstruktion eines Pamir-Hauses.

 In Yamchun gibt es auf dem Hügel über dem Dorf eine Festung zu besichtigen und eine heisse Quelle. Leider wünschten wir uns an dem heissen Tag lieber eine kalte Quelle, also verzichteten wir darauf.
 Auch am nächsten Tag sind wir wieder zum Tee eingeladen. Wir haben nichts dagegen, denn es war Mittag und der Wind fing gerade an, unerträglich stark zu blasen.
 Am nächsten Morgen beschliessen wir (wie schon einmal) eine Stunde früher als normal aufzustehen um dem Wind zu entgehen. Wie sich dann später herausstellte, war dies eine weise Entscheidung! Um 7 Uhr öffnete der Feldarbeiter die Schleuse, unser Campingplatz wurde überflutet und wir konnten gerade noch rechtzeitig alles zusammenpacken!
 Inzwischen hat auch Afghanistan eine Strasse bekommen... Wir sind aber immer noch froh auf der tadjikischen Seite zu sein – unsere ist inzwischen geteert und einiges horizontaler....
 Immerhin wird die afghanische Strasse von diesem Herrn mit Schaufel gewartet. Ob das orange Warngilet ihn wohl vor den Eseln beschützt? Die Autos, die wir bisher auf dieser Strasse sichteten, konnte man an einer Hand abzählen.
 Raus aus dem Wakhan Tal und hinauf nach Khorog, der Pamir-Hauptstadt. Unsere letzte Nacht vor Khorog verbrachten wir im Garten dieser etwas seltsamen, aber sehr netten Familie. 
Allgemein sieht man in den Dörfern nur alte Leute, Frauen und Kinder. Die Jungen verdienen ihr Geld meistens als Gastarbeiter in Russland. 
Khorog von oben. 
 Camping in der Stadt. In der Pamir Lodge darf man sich sein Zelt auf dem Dachboden aufstellen...

Ich bin zu faul und biwakiere... :) Den Dachboden teile ich mir mit anderen Fahrradfahrern...

Pamir – Wind und Wüste!

Mittwoch 5. Juni - Dienstag 11. Juni

Murgab – Alichur – und dann??
Es gibt verschiedene Wege, wie man zur Hauptstadt der Pamir Region Gorno-Badakhshan gelangen kann. Entweder man folgt dem Pamir Highway von Murgab aus auf der gut alphaltierten Strasse, die nach Khorog führt. Oder man nimmt einen südlichen Abstecher der afghanischen Grenze entlang in das Wakhan Tal, was mir schon von anderen Reisenden empfohlen wurde. Das Ganze hat aber leider einen kleinen Haken: die Strasse dahin ist nicht asphaltiert und soll in einem sehr schlechten Zustand sein.
Nach Murgab mussten wir uns langsam entscheiden welche Richtung wir weiter einschlagen wollen, denn die Kreuzung lag bereits ca. 126km weiter nach dem nächsten Dorf Alichur...

 Wieder in Bewegung... Der Weg nach Dushanbe ist noch weit.....
Camp kurz nach dem Murgab-Checkpoint. Scheinbar idealer Campingplatz, aber es blies ein so starker Wind dass wir uns gleich in unseren Zelten versteckten.
Speichenbruch – natürlich beim Hinterrad auf der "falschen" Seite. Um sie zu reparieren mussten wir die ganze Speichenkassette rauslösen, was eher umständlich ist.
Zum Glück sichteten wir einige 100m weiter vorne eine Yurte. Hinter der Mauer war es angenehm windstill und wir konnten ungestört werken...

Kurz vor dem Nayzatash Pass vor der Ortschaft Alichur gaben wir den Kampf gegen den Wind auf. Als wir unsere Zelte aufstellten kamen uns englische Reisende mit dem Jeep und Motorrad entgegen. Sie meinten, sie hätten auf dem ganzen Weg diesen Wind gehabt. Er startet normalerweise um 9 Uhr morgens und wird ab 14 Uhr unerträglich. 
Wir beschliessen, dass wir den Wind umgehen möchten und nehmen uns vor, am nächsten Morgen bei der Dämmerung aufzustehen – also um 5 Uhr morgens....
Bei Sonnenaufgang sind wir schon unterwegs und es ist saukalt!
Ein paar Stunden später ist unsere Nase immer noch eingefroren! Uns wird bewusst, dass wir den kältesten Tag im Pamir für unser frühmorgendliches Abenteuer ausgesucht hatten...
Mittags erreichen wir ein bekanntes Fischrestaurant 15km vor Alichur. Leider hatten wir schon wieder eine Panne: Beim Sattel von Nico ist ein stützendes Element gebrochen. Wir konnten es notdürftig reparieren. 


Einer der einzelnen Salzseen nach Alichur....
Tag der Entscheidung: wir kehrten dem Asphalt den Rücken zu und brachen auf zu unserem zweithöchsten Pass (Kargush Pass 4344m) der ins Wakhan Tal führt.

Kurz vor der Kreuzung kamen uns zwei Kanadier auf Klapprädern entgegen. Wie denn die Strasse sei? 
– "übelst schlecht" sagen sie... "Aber ihr könnt ja tendenziell hinunterfahren. Ab Langar, dem ersten Dorf im Wakhan Tal, ist die Strasse dann ein bisschen besser". 
– "Gibt es Wind im Wakhan Tal?" fragen wir
– "Nein. Da ist kein Wind"
Wir freuen uns wenigstens über diese zweite Info. Die Kanadier warnen uns noch, dass wir erst nach dem Pass wieder Wasser finden werden. Etwas besorgt fahren wir weiter. Wir hatten unsere Flaschen aufgefüllt, aber der Tag war noch lang und sehr heiss....

Welcome to the bad road! :/ Die Hitze und der viele Sand errinnert uns an eine Wüste.
 Der Weg zum Pass hinauf ist harzig. Obwohl nur knappe 20km entfernt erreichten wir diesen am selbigen Tag nicht. Unterwegs treffen wir auf diesen Salzsee. Wegen knappem Wasser füllen wir eine Flasche. Vielleicht können wir damit die Nudeln kochen? Wir filtern die vielen kleinen roten Fische raus und verdünnen es mit gutem Süsswasser. Die Nudeln waren scheusslich! :(
 Die letzten Kilometer zum Pass vergehen im Schneckentempo. Wegen dem vielen Sand auf der Strasse konnten wir nicht fahren und mussten unsere Fahrräder immer wieder stossen. Dafür sichteten wir nur wenige Kilometer nach unserem Campingplatz eine Quelle. Die Kanadier hatten die wohl übersehen... ?
Endlich auf dem Pass! Der Karte nach geht es ab jetzt nur noch dem Fluss entlang... das heisst, es geht nur noch abwärts? Die weissen Berge im Hintergrund ist bereits Afghanistan.
 Warten am Checkpoint: unten beim grossen Pamir-Fluss, der die Grenze zwischen Tadjikistan und Afghanistan bestimmt. Diesem müssen wir ins Wakhan Tal folgen.
 Die schlechte Strasse geht in einem ständigen auf und ab weiter...
Ausblick ins Tal mit dem Pamir Fluss
 Auf der Afghanischen Seite sichteten wir immer wieder Karawanen... Manchmal winkten wir uns zu...
Wir benötigten vier Tage um von Alichur nach Langar, dem ersten Dorf im Wakhan Tal, zu gelangen. Warum erklärt wohl dieses Foto...


 Aber immer wenn man sich über die Strasse beklagen will, muss man eigentlich nur auf das Nachbarland hinüberschauen. Da quälen sich die Karawanen auf teilweise abenteuerlich, steilen Wanderpfaden durch (die kleinen, schwarzen Punkte in der Mitte). Die wären wohl froh, könnten sie unsere Strasse benutzen...

 Trotz schlechter Strasse geniesse ich die schöne Landschaft. Abendlicher Ausblick vom Campingplatz auf den Hindukush.
 Toller Wegabschnitt: links gings in die Schlucht hinein und rechts wieder raus.
Tag Nr. 4: Das Wakhan Tal ist in Sicht! Mit leeren Vorratstaschen suchen wir uns ein nettes Guesthouse, in dem wir uns Choy (Tee) und Makaroni bestellten. (das Einzige, das man hier kriegt...)

Dienstag, 18. Juni 2013

Kyzyl Art Pass - Karakul See - Murgab

Freitag, 31. Mai - 4. Juni

Die Landesgrenze zwischen Tadjikistan und Kirgistan liegt genau auf dem Kyzyl-Art Pass auf 4282m Höhe. Der kirgisische Grenzposten hingegen liegt 20km weiter unten vor der Steigung. Weil unser tadjikisches Visum genau am 1. Juni begann, campierten wir am 31. im Niemandsland auf 4000m Höhe. Die Strasse liess etwas zu wünschen übrig...

 Ich kämpfe mich die steile Drecksstrasse zum Pass hinauf. Bei den Häusern unten campierten wir. Und ja, im Niemandsland leben also auch Leute... Wo denn der Sohn zur Schule gehe? - "Nach Karakul in Tadjikistan"
Pass und Grenze... Der Grenzposten etwas weiter unten war eine eher amüsante Angelegenheit. Zuerst wurden wir gescholten, weil wir die Absperrung selber öffneten (was wir bei den Kirgisen unten machen MUSSTEN -  da kam niemand...). Irgendwann wurden wir dann aber doch ganz nett empfangen, alles notiert und verabschiedet. 20 m weiter wurden wir jedoch wieder angehalten: "Registrazia!". Wir gingen in einen anderen Container hinein, hier wurde nochmals alles aufgeschrieben, notiert, Tee offeriert, geschplaudert, geschwafelt, verabschiedet.... Zwei Container weiter unten grüssten wir einen anderen Offizier, der in seinem Wagen kochte. Er ruf uns hinterher: "HEY! Ihr dürft da nicht einfach vorbei! Registrazia!" Wir gehen hinein. "Du da, du verstehst russisch?! Warum fährst du denn vorbei? Hast du das Schild nicht gesehen?!" Zum Schluss lädt er uns dann aber doch noch zum Plov-zmittag ein. Weil es noch etwas früh ist, entschieden wir uns aber, den leckeren Fleischduft hinter uns zu lassen und (endlich) weiterzufahren...
Der zweite, flache Pass vor Karakul war kein Problem mehr. 

 Nach den beiden Pässen geniessen wir eine wunderschöne aussicht auf den Karakul-See! Die Strasse führt ca. 20km dem See entlang bis zum Dorf Karakul. Dort benutzten wir ein "Homestay" als Restaurant und genossen leckeren Plov. Im sehr kleinen Dorfladen fanden wir genügend Verpflegung bis nach Murgab, der nächsten "grösseren" Ortschaft. Karakul ist so klein, dass wir nur ca. 30m vom Dorf entfernt unser Zelt aufstellen konnten... Gestört hats niemanden.

 Morgens wollte ich zum See spazieren um mich etwas zu waschen.... Leider ist auch dieser noch gefrohren, was bei einer Höhe von 3800m nicht erstaunt.
 Lebhaftes Treiben beim Dorfbrunnen.
 Nach Karakul liegt der nächste Grosse Pass vor uns. Mit 4655m ist der Ak Baytal Pass unsere höchste Herausforderung im Pamir. Ob das wohl gut kommt?
 Erstmal wird aber ne Runde geschlafen!!
 Ups, ich habe ja Geburtstag! Und es gibt sogar eine Geburi-Lipioshka inkl. Kerze! :)
Heute haben wir denn auch noch viel vor... 

 Der wirklich steile Aufstieg ist nur kurz, dafür umso heftiger....
 Juhuu, wir habens geschafft! Für die letzten 5 Kilometer hinauf, half uns dann auch noch ein bisschen Rückenwind. :)
Abfahrt!!!

 In der Landschaft kommt man sich ganz klein vor....
Irgendwann retten wir uns vor einem Sandsturm und stellen in Windeseile unsere Zelte auf. Das Foto ist vom Morgen danach, da sieht alles wieder heilig aus...
 Die Landschaft ist das einzig positive auf dem Weg nach Murgab. Wir hatten unglaublich starken Wind, der von allen möglichen Seiten blies, aber niemals von hinten!

 
Murgab - Sicht auf den Basar. 
In Murgab angekommen retten wir uns sofort vor dem Wind in ein Guesthouse. Bei viel Teetrinken entspannten wir uns vor den Strapazen.
Den Gerüchten (bzw. dem Guidebooks) nach soll es in Murgab den "besten Fahrradverleih-Shop" in ganz Tadjikistan geben. Weil Marion ein Problem bei ihren Pedalen festgestellt hatte, entschieden wir uns, da mal vorbeizuschauen. Wer weiss, vielleicht versteckt sich da ja wirklich ein Fachmann auf 4000m? Nach vielem Rumfragen finden wir den Laden. Ein verrostetes Shild "bike rental" verrät uns, dass wir richtig sind. Nach 5min klopfen und rufen öffnet uns eine Babushka die Tür... Ob denn hier jemand sei, der etwas von Fahrrädern versteht? Sie fragt ihre 13 jährige Enkelin, die verlegen lacht... "Nein, hier ist niemand. Aber ihr könnt ein europäisches Fahrrad kaufen, wenn ihr möchtet."
Die Besitzerin von einem Shop lässt nicht nach, bis sie mir voller Stolz ihre traditionelle Yurte zeigen darf. Die Farben für die Fäden, aus denen die Teppiche gewoben wurden, habe die Grossmutter von ihrer Grossmutter bei den Karawanen eingekauft...