Samstag, 25. Mai 2013

Jalalabad – Özgön – Osh

Montag 20. Mai - Samstag 25. Mai

Die Fahrt durch das Ferganatal durch war nicht mehr so abwechslungsreich, wie in den Bergregionen. Auf den Strasse herrschte viel Verkehr. In den Bergen hupten die Fahrer als Gruss, hier ist es mehrheitlich ein "du bist mir im Weg". Auch die Leute scheinen etwas weniger gastfreundlich zu sein. Die meisten grüssten freundlich, aber es gab einige, die mich abschätzig anschauten, vor mir auf den Boden spukten oder ein Junge hat gar in meine Taschen gekickt! Zum Glück waren das aber nur Ausnahmen. 

Besonders gefreut habe ich mich über die Früchte und das Gemüse, welches hier zu Haufen verkauft wird! In den Bergregionen war dies Mangelware. Sogar Karotten oder Zwiebeln sind nur schwierig aufzutreiben.

Im Ferganatal leben sehr viele Usbeken und deren Einfluss sieht man überall. Die "Chaihanas", bei denen man teetrinkend unter kühlen Bäumen oder Pavillons auf Holzpodestchen mit bunten Kissen sitzt, errinnern mich an die gemütlichen Stunden letztes Jahr in Usbekistan. Sobald man in ein Dorf einfährt, ist man schon vom Geruch nach Shashlik (gebratenes Fleisch) umgeben.
 
Solche Ruinen (hier von einem ehemaligen sovietischen Lebensmittelgeschäft) sieht man überall. Links steht "zu verkaufen" :)
  
Die Kinder haben am meisten Freude an den Fahrradfahrern. Schon von weitem höre ich sie rufen: "Hello!! Turist! TURIST!!!" Manchmal kann das sehr anstrengend sein, manchmal aber auch süss, besonders wenn sie dann neben dir herrennen und versuchen schneller zu sein, wie diese vier usbekischen Jungs hier...
  
Ich finde am Strassenrand ein Bänkchen, wo ich meine Mittagspause einlege. Mit der Zeit tauchen immer mehr Leute auf, die nach einer Mitfahrgelegenheit nach Jalalabad ausschau halten. Autostop ist hier eigentlich ein öffentliches Transportmittel und funktionniert wie ein Taxi. Normalerweise bezahlt man dann dem Fahrer eine kleine Pauschale für den Sitzplatz. 
 
Denkmal für den etnischen Konflikt im Juni 2010. Opfer waren mehrheitlich Usbeken, die teilweise brutal gejagt wurden...
Einfahrt nach Jalalabad.
  
Ich übernachtete im Hotel Mölmöl, über das ich letztes Jahr ziemlich geschockt war. Inzwischen habe ich aber schon ziemlich viele schlechte Erfahrungen mit Hotels hier gemacht und so habe ich mich schon fast aufs Mölmöl gefreut. Zwar wurde seit der Sovjetunion bestimmt nie mehr irgendetwas ausgewechselt, aber dafür sind die Angestellten sehr zuvorkommend und es ist einigermassen sauber. In diesem Hotel bezahlt man genau den Preis, den es verdient und sie verlangen keinen unverschämten "Ausländer" Zuschlag, wie an anderen Orten.
Die legendäre Dusche.... Fliessend Wasser gibts ab Hahnen (kalt) und mithilfe der Plastikflaschen kann man sich dann duschen.
Das Zimmer hat sogar einen Balkon, auf dem ich kochen kann!
  
Am nächsten Tag wurde ich leider krank, schaffte es aber doch noch irgendwie bis nach Özgön. Nach einem Nachmittagsschlaf besichtige ich noch kurz das bisschen alte Architektur, das Kirgistan zu bieten hat: Ein Minarett aus dem 11.Jh und ein Mausoleumaus dem 12. Jh... Ganz nett, aber ich gehe gleich wieder schlafen....
Am nächsten Mogen ging es mir zum Glück wieder gut. Auf den letzten Kilometern vor Osh geniesse ich schöne Sicht auf das entfernte Hochgebirge.

Abzweigung... In diese Richtung gehts dann in ein paar Tagen weiter. Erstmals erhole ich mich einige Tage in Osh. Ich kontaktierte die Leute von MSF und wurde abends bei Ihnen zum Abendessen eingeladen. Ich war beeindruckt von ihrem usbekischen Haus mit dem schönen Innenhof, in dem sich ein kleiner Rosengarten und Kirschbaum befand...
Den Lenin gibts auch noch... 

Chaihanas überall...
Mal wieder auf dem Bazar...

Soooo viele Nüsse!!! :D
Kurut mal wieder. Dieses Mal aber nicht selbstgemacht...
Lipioshka – das typische kirgisische Brot

irgendwann ende ich hier... ^^;;

Mashrutkas, die Minibusse, die wie verrückt in der Stadt rumrasen, und dort anhalten, wo am Strassenrand Kunden winken. Meistens sind sie vollgestopft...

Am Abend gehe ich mit Ikram und Alain von MSF ins Kafe Paris essen (man beachte den Eifelturm). Es gibt Shashlik und Eiscreme.

Die Aussicht von Paris...
Am Freitag wird Geld gewechselt! Auswahl an Wechselstuben gibts genug, den Zahlen auf den Tafeln kann man aber nicht trauen. Hier gilt wie auf dem Basar: durchfragen. Wie ich übrigens festgestellt habe, sollte man das auch machen, wenn man in der Stadt jemanden nach einer Richtung fragt. Man muss mindestens drei Leute fragen. Wenn zwei dieselbe Antwort geben, dann wird sie wohl stimmen. Mir ist es aber auch schon passiert, dass ich drei verschiedene Ergebnisse bekommen habe??!
Ganz speziell war es, als ich mich in Özgön nach einem Hotel durchgefragt hatte. Die ersten drei Passanten hatten mich in ein Bordell gewiesen. (es war offensichtlich NUR ein Bordell... :/)

Ich plante am Samstag Richtung Tadjikistan aufzubrechen. Als ich dann aber Freitag Abends in das Guesthouse zurückkehrte, sind tatsächlich andere Fahrradfahrer angekommen! Das französiche Pärchen plante ursprünglich auch den Pamir zu machen, war sich in dem Moment aber etwas unsicher, ob sie es sich wirklich zutrauen können. 
Im Gespräch stellte sich heraus, dass sie genau gleich wie ich in den Süden von Kirgistan fahren wollten, also von Kochkor, Naryn über Baetov und Kazarman nach Jalalabad. Nur leider hatten sie erst viel zu spät erfahren, dass die Strasse gesperrt war. Sie konnten Ihre Fahrräder noch irgendwie durch den Schlamm und Schnee nach Kazarman stossen, aber da war es dann zu Ende. Die Leute vor Ort schlugen Ihnen vor, dass sie vielleicht Gepäck und Fahrräder auf Perde schnallen könnten. Auf der anderen Seite des Passes sollte es dann vielleicht möglich sein hinunterzufahren. Aus irgendeinem Grund kamen dann die bestellten Pferde doch nicht. Sie wanderten die Hügel über dem Pass hinauf, um einen Ausblick über den ganzen Strassenverlauf zu bekommen und um zu erkunden ob es möglich ist, ihre Fahrräder irgendwie hinaufzutragen. Unmöglich, es lag zu viel Schnee und über eine zu grosse Strecke hinweg. Die Beiden waren gezwungen mit dem Bus die ganze Strasse über Bischkek zurückzufahren. Drei Tage später erreichten sie Jalalabad... Gleich nach diesem Erlebnis waren sie überzeugt, dass sie sich den Pamir nie und nimmer antun wollten.
Ich war sehr erleichtert, dass ich noch früh genug über die Strassensituation erfahren hatte. Sonst wäre ich wahrscheinlich genau in die gleiche Situation hineingefahren!

Ich versuche die Beiden etwas für den Pamir zu motivieren. Denn es wäre ja toll, wenn wir zusammen hochfahren könnten!

Schlussendlich enschliesse ich mich am Wochenende mit den MSF Leuten nach Arslanbob (ein Bergdorf) zu gehen. Die Franzosen können sich noch etwas in Osh erholen. Am Montag möchten wir dann zusammen losgehen.
Heute morgen flog dann Arslanbob leider wortwörtlich ins Wasser....
Ich verbringe also einfach noch etwas Zeit in Osh....

Montag, 20. Mai 2013

Vom Ala Bel-Pass ins Ferganatal

Mittwoch 15. Mai – Sonntag 19. Mai

Die Strasse über den Ala Bel Pass in den Süden nach Jalalabad und Osh kannte ich ja schon aus der letztjährigen Taxifahrt. In Tat und Wahrheit war aber genau diese Strecke ausschlaggebend dafür, mit dem Fahrrad durch Zentralasien zu reisen! So unglaublich schön hatte ich die Strecke in Errinnerung – und viel zu schnell sind wir damals mit dem Taxi durchgerasselt!
Auf der Strasse zum Ala Bel Pass sind immer wieder Jurtensiedlungen, die Kymys und Kurut zum Verkauf anbieten
(Kymys = alkoholhaltiges Nationalgetränk aus vergorener Stutenmilch
Kurut = leckere runde Snacks aus Salz und irgendwas käseartigem. Die Konsistenz ist so ähnlich wie Ovo Sport – es klebt alles an den Zähnen!)
 
Özgön – hier zweigt eine Strasse ab nach Talas. Auch bei dieser Kreuzung gibt es wieder Stolovayas (Kantinen). Die Auswahl ist noch schlechter als bei der Letzten: Entweder die gleiche Suppe mit Fleisch, wie schon am Vortag oder einfach gebratenes Fleisch. Ich nehme das gebratene Fleisch, welches zur Hälfte aus Knochen und Fett bestand. Es gab noch Zwiebeln dazu. Der Tee war lecker. :)

Fast auf der Ala Bel Passebene. Idyllische Landschaft vor weniger idyllischer Toilette...
Und das passiert, wenn man im Winter hier durchfährt....

 Ob hier wohl jemand drinnen wohnt?
  
Auf jeden Fall wohnen da vorne Leute. Ala Bel Pass 3184m. 
Ich wechsle die Region und Abfahrt!
  
Oh ja, solch schwarze Auspuffe rauschen leider noch öfters an mir vorbei... :/
DAS soll vor Lawinen schützen???
 
Etwas weiter unten trifft man wieder auf dichte Jurtensiedlungen... Bei einer netten Babushka decke ich mich wieder mit Kurut ein. Sie schwatzt mir noch eine Art Käse auf (den Namen habe ich vergessen–es schaut etwas nach Ricotta aus, schmeckt aber ganz anders).. 
"Ein Kilo nimmst du schon, oder? Es ist lecker, probier!"
"wieviel ist denn ein Kilo?"
"Nur 70 Som (ca. 1.20Fr.)!"
"Nein, ich meine, wie gross wird das Packet...?"
 Zu spät: sie schöpft mir schon ganz eilig ein ganzes Kilo in die Plastiktüte – es war seeehr viel! Ganz knapp finde ich noch Platz in meinen Taschen...
"Das wirst du brauchen auf dem Weg! Bis Osh wirds dir reichen!"

 Die Strasse führt weiter unten in einen kühlen, grünen Wald hinein.. Also eigentlich wie in der Schweiz. Statt Jurten wartete jetzt hinter jeder Kurve ein Honigstand. Unterwegs rede ich mit ein paar Leuten. Sie erzählen mir, es käme ein anderer Fahrradfahrer von Toktogul aus hinauf, von Frankreich sei er. Und tatsächlich – 15km weiter unten fährt mir Xavier entgegen. Dankend nimmt er mir ein gutes Stück von dem seltsamen Käse ab – schon 1,5 Jahre sei er unterwegs und Käse vermisse er am Meisten!
Knapp bevor das Gewitter kommt, finden wir einen Campingplatz...
 Am nächsten Tag triff ich später auf dieser Strasse schon wieder Fahrradfahrer. Dieses Mal ein Pärchen aus Deutschland. Peking sei ihr Ziel...
 Solche Aussicht hat man selten! – Camping auf einem Hügel über dem Toktogul See. Die Hirten unten am See kamen am nächsten Tag, als ich gerade aufbrach zu mir und schenkten mir frisch gefischten Fisch!
 ein kleiner Nachbar....
 Der Toktogul See...
 Als ich bei einem Lebensmittelgeschäft nachfragte ob sie Früchte oder Gemüse hätten (Mangelware in den Bergregionen) fuhr mir Noah entgegen – Ein Ami auf Weltreise mit dem Motorrad. Gemüse gabs keines, also besorgten wir uns Schokolade und Eis und schwatzten etwas... Das Mädchen vom Geschäft fand das ganz spannend uns englisch sprechen zu hören.. irgendwann gesellte sich dann auch noch ihr Bruder dazu.
 Es ist heiss!!! – Busstation vor Kara Köl
 Nach Kara Köl gehts ca 50km dem gestauten Naryn Fluss entlang. Wunderschön!


Dieser Tunnel war unheimlich! (es folgen noch drei) Und genau an diesem Morgen hatte mir ein angreifender Hund das Hinterlicht heruntergerissen.... (ja, Hunde sehen mich als grössten Feind an. Kläffend rennen sie mir ständig hinterher. Gebissen wurde ich zum Glück noch nie...)

 Am Flussufer unten kühle ich mich ab und übernachte auf dem Gelände von netten Hirten, die allesamt fast kein Russisch konnten. Der eine von ihnen, der es noch am Besten beherrschte, erzählte mir, dass er am Irkeshtam gearbeitet hat (Grenze zu China). Am einen Tag seien 50!! Fahrradfahrer über die Grenze!
Währenddem ich mir meinen Fisch zubereite, korrigiert mich der Hirte die ganze Zeit. Typisch, Kirgisen wissen halt immer besser, was gut für dich ist! (und dabei war er jünger als ich. In Kirgistan haben normalerweise die Älteren das Sagen, auch wenn es nur 2 Jahre Unterschied sind...)
Irgendwann lässt er mich dann in Ruhe weiterkochen...
Ein alltäglicher Anblick: Vieherden blockieren den Highway...

Hinein ins dicht besiedelte Ferganatal! Hier unten will ich nicht campen, darum muss ich viele Kilometer fahren, bis zur nächsten Ortschaft mit Hotels. Kochkor-Ata erreicht!

Suusamyr zum Zweiten....

Montag 13.Mai - Mittwoch 15. Mai

Eigentlich hatte ich geplant von Kochkor aus direkt in den Süden nach Jalalabad oder Osh zu fahren. Es gibt eine (schlechte) Strasse, die über Berge und einer Ortschaft, genannt Kazarman, führt. Die Truppe von Medesins sans Frantier teilten mir aber mit, dass sie eigentlich genau diese Strasse hinaufkommen wollten. Als sie dann aber in Jalalabad die Taxifahrer gefragt hatten, erhielten sie die Antwort die Strasse sei noch gesperrt und mache erst im Juni auf... Juni war mir dann doch etwas zu spät! Zu der Zeit wollte ich ja schon in Tadjikistan sein.

Ich erkundige mich im CBT-Touristenoffice in Kochkor und nach ein paar Telefonaten bekam ich dasselbe gesagt: "Nein, auch in zwei Wochen ist die Strasse nicht offen. Es liegt noch zuviel Schnee, bis zu 15km auf der einen Strecke nach Kazarman. Und auch der Pass von Kazarman nach Jalalabad ist noch gesperrt. Du kannst entweder über Bishkek oder über das Suusamyr Tal auf die normale Bishkek-Osh Strasse gehen."

Etwas frustriert überlege ich mir, was ich tun soll. Das Suusamyr Tal ist ja schon sehr schön, aber ich bin ja erst gerade durchgefahren. Ausserdem ist die Strasse unglaublich schlecht – zu vergleichen mit einem Wellblech. Dieses Mal müsste ich tendenziell hinauffahren, wo ich doch auf dem Weg nach Kochkor eher hinunterfahren konnte...
Wieder in Bishkek hineinzufahren hatte ich aber noch weniger Lust, also packte ich am Sonntagnachmittag gleich nach der Rückkehr vom Son Kul meine Sachen und machte mich wieder auf den Weg zum Suusamyr Tal. Zumindest über den ersten Teil über den Kyzart Pass konnte ich mich freuen, denn da war ich ja auf der Hinreise nur schnell im Auto durchgerasselt. Auch der restliche Teil war gar nicht soooo schlimm. An die schlechte Strasse hatte ich mich wohl schon gewöhnt...
Kyzart Pass – obwohl mit 2664m.ü.M. sogar noch höher als der Töö Ashuu Pass, war er im Vergleich zum dem seeeeehr leicht zu befahren! 
 Diese Wohnwagen auf dem Pass sind auch kleine Kantinen. In der ersten, welche die Saison schon eröffnet hat, gönne ich mir frischen Son Kul-Fisch! (wie frisch ist allerding zu bezweifeln, denn auf die Frage, ob denn die Strasse von hier zum Son Kul schon offen sei, verneinten sie... lecker wars allemal!)
 Im märchenhaft grünen Tal nach dem Kyzart Pass reiht sich eine Jurte nach der Anderen.
 Schöne Gräber unterwegs...
 schöne Landschaften natürlich auch... Auf dem Weg nach Chaek wo ich die nächste Haus in einem (sehr unfreundlichen) B&B (ohne breakfast) verbrachte. Ich hatte mich entschieden in das Gasthaus zu gehen, weil das Wetter eher unsicher war und sich das Gewitter am Abend schon ankündigte. Ausserdem wusste ich von der Hinfahrt, dass es ein Internetkaffee im Dorf hätte. Das mit dem Internetcafe ging nicht ganz auf, denn der Typ vom Cafe hatte die Rechnung nicht bezahlt, darum gab es gerade kein Internet. Ich könne ja einfach Computerspiele spielen, schlug er mir vor....
 20 km vom unfreundlichen Guesthouse entfernt gönne ich mir mein Frühstück und eine Dusche!
 Ein Tag später gibts den ersten Kaffe seit der Schweiz!! (okeeeee... ich habe die Kanne nicht ganz vergebens mitgeschleppt. Nur fast.... :) )
 Ein Heldendenkmal in einem Dorf vor Suusamyr Dorf.
 Am  Mittwoch erreiche ich wieder die Bishkek-Osh Strasse. Genau eine Woche, nachdem ich sie verlassen habe. Bei den Jurten gönne ich mir meinen Zmittag. Die Auswahl war nicht gross, es gab Shorpo, eine Bouillon mit einem riiieeesen Stück Fleisch drinnen.
Meine Zmittagsgspähnli wollten ein Foto von sich..